Arno Neumann
Willkommen im Aquarium
Liquid Image von Udo Rathke in der Intergalerie am Nikolaisaal
12.09.2006 / Potsdam


Kurator Erik Bruinenberg, immer gut für Überraschungen im Programm der Intergalerie, ist diesmal im Mecklenburgischen, auf Schloss Plüschow nahe Grevesmühlen, fündig geworden. Dort hat Udo Rathke, Jahrgang 1955, Absolvent der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und Stipendiat der Villa Massimo und des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Ende der neunziger Jahre eine Medienwerkstatt aufgebaut. Hier finden sich die Grundlagen für seine in Potsdam ausgestellten Arbeiten, die "Fließenden Bilder".

Es herrscht geradezu spürbare Stille in den intimen Galerieräumen. Auf zwei Monitoren mit DVD-Player fließen in bedächtigem Tempo Farbfelder ineinander, lösen sich auf, changieren in andere Farbtöne. Faszinierend immer dann, wenn aus gebrochenen Farben glühende Farbfelder aufblühen, um wieder zu versinken. Man verharrt davor, eingenommen von der Ruhe, die diese fließenden Bilder ausstrahlen - salopp gesagt, gleicht es in seiner Wirkung einem modernen Aquarium. Die Vorlagen für diese malerischen Manipulationen sind bereits vorhandene Bilder von Kunstreproduktionen, von Fotos oder aus dem Internet. Mit denen wird alles kreativ ausprobiert, was der Computer technisch ermöglicht.

Aus dieser, auf dem Monitor fließenden Malerei ohne Pinsel greift sich Udo Rathke Bilder heraus, um sie auf Bildträger zu fixieren. In der Erklärung des für Laien komplizierten Vorgangs halten sich Künstler und Kurator betont zurück. Da mag schon etwas von Urheberschutz dahinter stehen, aber auch mit wenigen Worten kaum zu erklären sein. Das festgehaltene Tafelbild ist mit Ilfochrom, einem Spezialfilm, auf Aludibond, dem Bildträger, fixiert und mit einer Spezialfolie überzogen.

Das sieht technisch absolut perfekt aus. Dennoch hat es seine emotionale Ausstrahlung, vor allem auch dann, wenn aus Formgebilden wie beispielsweise den in horizontalen Linien und Flächen angelegten Studien in Grün nie gesehene Landschaften entstehen, leergefegt von allem Organischen, mit magischem Licht hinterm Horizont. Ein nicht nachlassender ästhetischer Genuss stellt sich ein vor diesen Arbeiten, die man in einem Höchstmaß abstrakt nennen kann. Udo Rathkes Abstraktionen aber sind wie das Eintauchen in den tiefen Brunnen einer grenzenlosen, so nur in der Kunst zu entdeckenden Wirklichkeit. Ist der Weg dahin die brillante Aufnahme eines dramatisch bewegten Mecklenburger Abendhimmels? Hier offenbart sich der hochtechnisierte Videopainter als reinster Romantiker. Doch da ist kein Bruch, bei Udo Rathke brauchen sie offensichtlich einander.